words

Paddy Fingal

Paddy Fingal war von Riesenart: 
Sechs Ellen flog sein schwarzer Bart, 
seine Fäuste waren wie Tonnen groß, 
einen Mastbaum führt‘ er als Wurfgeschoß, 
so ein Kerl war Paddy Fingal!

Nun wuchs ein Hüne im Schottenland, 
der hörte von Fingals starker Hand; 
da wollt er erproben alsogleich, 
wer fester sei auf Stoß‘ und Streich, 
er oder Paddy Fingal.

Und als er stapfte durch den Sund, 
Paddy Fingal just am Ufer stund 
und maß von ferne klipp und klar, 
daß der Fremdling zehn Schuh größer war, 
noch größer als Paddy Fingal.

Da lief er heim in jähem Schreck: 
„O Schaya, birg mich im Versteck! 
Von Schottland kommt ein Kerl daher, 
wie ein Berg so groß – ich fürchte sehr, 
der sucht den Paddy Fingal.“

Ins Bette Paddy Fingal kroch, 
Frau Schaya türmte die Kissen hoch; 
wie aus dem Hedesack die Maus, 
so guckte die Nase nur heraus, 
die Nase von Paddy Fingal.

Indem so schob der Schotte herein, 
an den Balken rührte sein Scheitelbein, 
und er schnob und wischte sich den Schweiß 
und rollte die Augen wild im Kreis: 
„Wo steckt der Paddy Fingal?“

„Tut leise, Fremder, und tretet sacht, 
daß Paddys Kindlein nicht erwacht! 
Denn wenn er schrie und Fingal käm, 
für euch kein gutes End es nähm: 
Nicht spaßen tut Paddy Fingal.“

Doch wie sie warnte mit Wort und Wink, 
der Schotte neugierig ans Lager ging: 
O heiliger Patrick, wie ward ihm da, 
als er die Nase ragen sah, 
die Nase von Paddy Fingal!

„Beim Pfeifer, der vor Moses blies: 
welch heidenhafter Nasenspieß! 
Ist das ein Baby, wie Ihr sagt, 
ein Narr, wer’s mit ihm selber wagt! 
Nicht wart ich auf Paddy Fingal.“

Und er trollte davon mit scheuem Blick 
und stolperte durch den Sund zurück; 
fast wär ertrunken der gute Held, 
dieweil in der Eil er die Furt verfehlt, 
so lief er vor Paddy Fingal.

Der aber erhob ein Siegesgeschrei. 
Da kamen die Nachbarn rings herbei; 
die staunten den großen Fingal an, 
der den langen Schotten gejagt von dann, 
den tapfern Paddy Fingal.

Wilhelm Brandes

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Triedere #16

Danke Matthias Schmidt, danke für dieses Kleinod der Literatur. Triedere ist der nächste Wurf in meiner Findung nach der buchstäblichen Erquickung.

Das Literaturmagazin Triedere beschreibt sich dazu am Besten selbst: 

Anachronistisch wie ein Triëder erscheint die Zeitschrift als bibliophile Kleinauflage auf echtem Papier in Wien. Jeweils rechtzeitig im Herbst und im Frühjahr werden darin Beiträge versammelt, die irgendwo im breiten Spektrum zwischen bildender Kunst und Theorie zu verorten sind. Neben unserem Bestreben, das Format der Zeitschrift für Übersetzungen zu nutzen, ist es uns ein besonderes Anliegen, auch jüngere Beitragende im Heft vertreten zu wissen. 
Jede Ausgabe wird dabei von einer/m Künstler/in bereichert, die/der auch eine kleine sammelwürdige Beigabe für unsere FörderabonnentInnen gestaltet. Durch den manuellen Aufwand an jedem Heft kann es auch zu kleineren Verzögerungen kommen — diese zahlen sich aber bestimmt aus.

Dein Exemplar von Triedere bekommst du klarerweise bei triedere.com

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